Vorsicht "Schadensmanagement"!

Auf dem deutschen Versicherungsmarkt herrscht seit einiger Zeit ein harter Wettbewerb. Die Haftpflichtversicherer betreiben deshalb zur Kostensenkung neuerdings ein sogenanntes "aktives Schadensmanagement". Sie rufen oder schreiben die Geschädigten direkt nach dem Unfall an und versprechen eine angeblich schnelle und unbürokratische Schadensregulierung. Von der Hinzuziehung eines Gutachters und eines Anwalts durch das Unfallopfer wird abgeraten. Dies sei angeblich nicht nötig.

Der Geschädigte kennt jedoch in der Regel seine Rechte und Ansprüche nach einem Unfall nicht. Darf er insoweit eine objektive Beratung gerade durch den erwarten, der für die Unfallfolgen finanziell aufzukommen hat?

Für Unfälle oder andere Schadensfälle, die sich nach dem 01.08.2002 ereignet haben, gelten also neue rechtliche Regeln. Diese gewähren mehr Rechte für Unfallopfer und Kinder und eine Ausweitung des Schmerzensgeldes. Wer klärt den Geschädigten hierüber auf?

Oft geht daher die "aktive" Schadensregulierung zu Lasten des Geschädigten. Es wird nur der unproblematische Teil reguliert und selbst dieser Teil nicht immer vollständig. Sucht das Unfallopfer dann den Rechtsanwalt auf, ist ein zeitaufwändiges Gerichtsverfahren oft schon deshalb unvermeidlich, weil sich der Schadenssachbearbeiter der Versicherung im Vorfeld festgelegt hat und von seinem Standpunkt dann nicht mehr abrücken will.

Selbst bei Bagatellschäden verhelfen oft erst die Gerichte dem Unfallopfer zu seinem Recht.

Zeit ist ein zermürbender Faktor, der leider erfahrungsgemäß leider zu oft taktisch gegen das Unfallopfer eingesetzt wird.

In jedem Fall besteht die Gefahr, dass der Geschädigte, der sich auf das "aktive" Schadensmanagement einlässt, Zeit oder Geld oder beides verliert.

Die Haftpflichtversicherer betreiben diese Form des Schadensmanagements schließlich nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit.

Daher wendet sich die deutsche Anwaltschaft seit Jahren mit Nachdruck gegen das sogenannte Schadensmanagement der Versicherer.

Selbst ein sehr großer deutscher Versicherer versucht durch eine Kooperation mit Werkstätten, denen eine "schnelle und unkomplizierte Schadenabwicklung" versprochen wird, wenn sie im Gegenzug dazu beitragen, "Störfaktoren" wie unabhängige Sachverständige und Rechtsanwäte im Schadensregulierungsbereich auszuschalten. Was hieran "fair" sein soll, entzieht sich dem Verständnis; der Deutsche Anwaltverein (DAV), vor allem der Vorsitzende der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, der einen Prozess angestengt hat, halten dies für unlauter, weil die "Partner"-Werkstätten einerseits aufgrund des Reparaturauftrages den Interessen des Kunden zu dienen haben, aber anderseits "hinter dem Rücken" ihres Kunden, des Unfallopfers, mit der gegnerischen Versicherung kollaborieren. (s.a. NJW-aktuell Heft 40/2011, S. 10).

Damit kein falscher Eindruck entsteht:
Mit allem Einsatz vertrete ich auch Versicherer, denn Leute, die in einem Unfall nicht nur ein Unglück sehen, gibt es schließlich auch. Auch lässt sich in vielen Fällen über die Haftungsquote und andere Fragen wirklich trefflich streiten.